Smartphone am Steuer – Rechtsprechung erlaubt „Umlegen“ des Smartphones

Der 1. Senat für Bußgeldsachen am OLG Karlsruhe hat in seinem Beschluss (1 ORbs 33 Ss 151/23) vom 18.04.2023 festgehalten, dass der Führer oder die Führerin eines Kraftfahrzeugs dann nicht gegen § 23 Abs. 1a StVO verstößt, wenn ein Smartphone, mit dem gerade ein Gespräch über eine Bluetooth-Freisprecheinrichtung des Fahrzeugs geführt wird, während der Fahrt ausschließlich zu dem Zweck aufgenommen wird, um es – beispielsweise zum Schutz vor Beschädigungen – umzulagern.

Der Senat führt aus, dass nur das Aufnehmen oder Halten eines Smartphones keinen Verstoß darstelle, denn es müsse eine konkrete Benutzung vorliegen. In dem Beschluss wird erläutert, dass der Wortlaut des § 23 Abs.1 a StVO nach Auffassung des Gerichts nicht hergebe, dass ein bloßes in der Hand halten schon für einen Rechtsverstoß ausreiche.

Konkret heißt es in dem Beschluss: „Fehlt es hingegen am Element der Benutzung, so unterfällt auch das Aufnehmen oder Halten nicht dem Verbot. Deshalb kann nicht allein das Aufnehmen oder Halten des Geräts ein Benutzen im Sinne der Vorschrift ausmachen. Hinzukommen muss vielmehr irgendein Zusammenhang des Aufnehmens oder Haltens mit einer der Bedienfunktionen des Gerätes, also mit seiner Bestimmung zur Kommunikation, Information oder Organisation“.

Dabei sei das „Benutzen“ nicht allein die bloße örtliche Veränderung des elektronischen Geräts. Denn eine solche Handlung habe eben keinen Bezug zur Funktionalität des Geräts. Der Senat stellt auf Art. 103 Abs. 2 GG ab und führt aus, dass einzelne Tatbestandsmerkmale nicht so weit ausgelegt werden dürfen, dass sie vollständig in anderen Tatbestandsmerkmalen aufgehen, also schon direkt mit diesen gleichzeitig verwirklicht werden. Genau dies würde passieren, wenn jedewede Handlung der Bewegung eines Smartphones eine Nutzung im Sinne der Vorschrift darstellen würde. Dabei handele es sich eben gerade nicht um eine tatsächliche Nutzung. Spannend sind hier im einzelfall zu entscheidende Abwägungsfragen, wie z.B. wenn die Uhrzeit abgelesen werden, soll vom Display oder der Eingang von Nachrichten automatisch angezeigt wird. Jedenfalls stellt die Umlagerung nach dem Beschluss des OLG Karlsruhe auch während der Nutzung über die Freisprechanlage des Kraftfahrzeuges keinen Verstoß im Sinne der Norm dar.

Wenn hingegen Nutzung und Halten des Smartphones tatsächlich zusammentreffen, ohne dass das Halten des Geräts jedoch für die Benutzung erforderlich gewesen ist, dann dürfte ein Verstoß vorliegen. Nach Ansicht des Senats wollte der Verordnungsgeber mit der Regelung klarstellen, dass allein die Kombination von Halten des elektronischen Geräts und Nutzung einer Bedienfunktion eine erhöhte Gefährdung der Verkehrssicherheit darstelle.

Der Senat fordert das Amtsgericht auf, zu prüfen, ob das Halten des Mobilfunkgeräts durch den Betroffen in dem konkreten Fall entsprechend seiner Einlassung tatsächlich in keinem Zusammenhang mit der konkreten Nutzung stand, und es nur umgelagert werden sollte. Aus anwaltlicher Sicht kommt es bei der Verteidigung in solchen Fällen daher ganz konkret auf den Nachweis bzw. die Plausibilität der Darlegungen in der Einlassung an, wenn die Ermittlungsbehörden in ihrer Beweisführung derart zu überzeugen vermögen, dass eine Verteidigung sonst eher wenig aussichtsreich wäre. HIer gilt es also den Nutzungszusammenhang bzw. eben das Fehlen eines solchen und die Nachweisbarkeit der Nutzungsabsicht zu bestreiten. Im Einzelfall bieten sich hier gute Verteidigungsaussichten, die je nach Beweislage und Sachverhalt konkret zu bewerten sind.